Von Alicante nach Marburg

Zwei junge Spanierinnen machen Ausbildung zur Pflegefachfrau bei der DRK-Schwesternschaft.

Von Alicante nach Marburg

Fast 2000 Kilometer aus Alicante im Südosten Spaniens nach Marburg an der Lahn: Diesen großen Schritt haben zwei junge Spanierinnen gemacht, um hier ihre Ausbildung als Pflegefachfrauen bei der DRK-Schwesternschaft Marburg zu beginnen. Die erste Praxisphase haben Laura Senabre Rubio (20) und Naima Chejni Aghbar (21) jetzt in der Altenpflegeeinrichtung „Haus am alten Botanischen Garten“.

Dass die beiden bei der Schwesternschaft ihren Ausbildungsplatz gefunden haben, ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen dem Haus am alten Botanischen Garten und der AWO-Bildungsstätte für Pflegeberufe in Marburg. Die AWO Nordhessen rekrutiert schon seit Jahren Auszubildende in Spanien für eine Pflegeausbildung in der Region Nordhessen (siehe Infokasten). Durch die Corona-Krise standen dann plötzlich nicht mehr alle geplanten Ausbildungsplätze ab 1. Oktober zur Verfügung – das heißt, es gab mehr Interessenten als freie Stellen. Beim „Haus am alten Botanischen Garten“, das von der DRK-Schwesternschaft betrieben wird, konnten noch weitere Ausbildungsplätze besetzt werden.

Dietmar Freiling, Leiter der Pflegeeinrichtung in der Deutschhausstraße, und Dr. Jürgen Eierdanz, Schulleiter der AWO-Bildungsstätte für Pflegeberufe, nahmen Kontakt miteinander auf, und schnell war alles „in trockenen Tüchern“. „Die Vorauswahl und die Bewerbungsgespräche fanden via Skype statt“, erklärt Freiling. Im September reisten die beiden jungen Frauen dann nach Deutschland – und begaben sich sogleich 14 Tage in Quarantäne. In dieser Zeit wohnten sie in einem Appartement im Haus der Schwesternschaft. Ehe sie mit der Ausbildung begannen, ging’s noch einmal zum Corona-Test. Jetzt arbeiten Laura Senabre Rubio und Naima Chejni Aghbar im Rahmen ihrer Ausbildung im „Haus am alten Botanischen Garten“. Besonders mögen die beiden jungen Frauen, dass es hier sehr familiär zugeht. „Die Menschen, die hier leben, sind alle sehr angenehm“, sagen sie.

Beide haben in Spanien bereits eine Ausbildung zu Pflegehelferinnen gemacht. Dort haben sie in einem Krankenhaus mit Menschen aller Altersklassen gearbeitet – nun stehen zunächst die Senioren im Fokus. „Sich mit den alten Menschen zu beschäftigen und ihnen im Alltag zu helfen, das gefällt uns “, sagen sie. Im Rahmen der neuen generalistischen Ausbildung werden die jungen Frauen auch noch in der klinischen und ambulanten Krankenpflege und in der Pädiatrie arbeiten und übergreifende pflegerische Qualifikationen erwerben. Nach zwei Jahren können sie sich dann entscheiden, ob sie sich auf die Altenpflege oder Gesundheits- und Kinderkrankenpflege spezialisieren wollen oder ihre Ausbildung mit dem Berufsabschluss „Pflegefachfrau“ abschließen wollen, der es ihnen ermöglicht, Menschen jeden Alters in allen Versorgungsbereichen zu pflegen. Den Theorie-Unterricht absolvieren Laura Senabre Rubio und Naima Chejni Aghbar an der AWO-Bildungsstätte für Pflegeberufe in Marburg.

Neben Pflegekenntnissen in Theorie und Praxis steht auch weiterhin Deutschunterricht auf dem Programm – wöchentlich als Präsenzunterricht sowie im Internet. Außerdem sind die jungen Frauen nun in eine WG gezogen, in der eine Mitbewohnerin lebt, die neben Deutsch auch Spanisch spricht und ihnen im Alltag zur Seite stehen kann. Auf jeden Fall wollen Naima Chejni Aghbar und Laura Senabre Rubio ihre Ausbildung in Marburg abschließen und danach in Deutschland arbeiten – „zumindest für ein paar Jahre“, sagen sie. Die DRK-Schwesternschaft wünscht ihnen eine erfolgreiche Ausbildung!

Das Programm „Dein erster EURES-Arbeitsplatz”

„Dein erster EURES-Arbeitsplatz“ ist ein Programm der Europäischen Union zur Arbeitsmobilität. Dessen Ziel ist es, jungen Arbeitsuchenden bezahlte Beschäftigungen in ganz Europa zu vermitteln. Es soll junge EU-Bürger dabei unterstützen, in einem anderen EU-Land eine Arbeit, ein Praktikum oder eine Ausbildungsmöglichkeit zu finden, und Arbeitgebern helfen, qualifizierte Arbeitnehmer zu finden.

Im Rahmen dieses Programms rekrutiert die AWO-Bildungsstätte für Pflegeberufe Marburg in Zusammenarbeit mit der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit bereits seit mehreren Jahren in Spanien potenzielle Pflege-Auszubildende. „Spanische Arbeitsagenturen schreiben die Ausbildungsstellen aus, auf die sich Interessierte bewerben können. Voraussetzungen sind ein mittlerer Bildungsabschluss und eine pflegerische Ausbildung – vergleichbar mit der deutschen Qualifikation als Pflegehelfer*in“, erklärt Dr. Jürgen Eierdanz, Schulleiter der AWO-Bildungsstätte für Pflegeberufe.

Vor Ort finden dann Auswahlverfahren gemeinsam mit der ZAV statt. Die Teilnehmer absolvieren vor Beginn ihrer Ausbildung – von März bis September – einen sechsmonatigen Deutschkurs, der je zur Hälfte von der Arbeitsagentur und der AWO Nordhessen finanziert wird. Eine deutsch-spanische Mitarbeiterin der AWO ist in dieser Zeit vor Ort. Sie informiert die künftigen Azubis über das Leben in Deutschland, hilft bei den Vorbereitungen der Ausreise und steht als Ansprechpartnerin für alle Fragen zur Verfügung.

In Deutschland werden die spanischen Auszubildenden – in diesem Jahr sind es 14 junge Männer und Frauen – weiterhin von einer sozialpädagogischen Fachkraft begleitet und nehmen einmal wöchentlich an einem Sprachkurs teil. Außerdem haben sie Zugang zu einer Lernplattform im Internet, auf der berufsbezogene Deutschkenntnisse vermittelt werden.